Wer war K.H. Miskotte?
“K.H. Miskotte war 25 Jahre seines Lebens Pfarrer und 14 Jahre, bis zu seiner verhältnismäßig frühen Emiritierung, Professor – als Pfarrer im höchsten Grade beteiligt am Durchdenken der Grundfragen der Theologie, als Professor durch und durch der Verkündigungsaufgabe der Kirche verpflichtet, in beiderlei Hinsicht seine Berufung verstehend als die eines minister verbi divini, eines Dieners des göttlichen Wortes. Das verbindet Miskotte mit Karl Barth, den der um acht Jahre Jüngere erkannte als Anreger, Förderer, in bestimmten Sinne als Vorbild – und den er sich gesetzt sah als die geistliche Autorität, von der er sich immer wieder zu Räson rufen ließ – bei seinem eigenen Bestreben, das verbum divini stets wieder neu zu vernehmen in seiner Selbstunterscheidung von der Rechenschaft, die der Mensch in seiner Welt von sich selber gibt, der Selbstunterscheidung also des Wortes Gottes von aller Religion, des Gottes Israels und Vaters Jesu Christi von allen Göttern. Miskotte, darf man sagen, war der kongenialste Waffenbruder Barths im Kampf gegen die Überfremdung der christlichen Theologie durch die ‘natürliche Theologie’.
Dabei war ihm selber die letztere in einem Maße (und auf einem Niveau) ‘natürlich’ wie selten einem Diener des göttlichen Wortes. Miskotte war mit Leib und Seele Theologe. Er war aber zugleich – in Einheit und Spannung damit – mit Fleisch und Blut Kulturmensch, Ästhet von hohen Graden, empfänglich für die Sprache der Natur, ausgestattet mit einem feinen Gehör und einem schier unerschöpflichen Aufnahmevermögen für die Regungen der menschlichen Seele und ihre Äußerungen in Malerei, Musik und vor allem in der Dichtung, ein geborener ‘Naturalist’, wie er sich in einem der Briefe nennt. Sein Kampf gegen die ‘natürliche Theologie’ war stets auch ein Ringen mit sich selbst. Ein hellwacher Zeitgenosse mit einem ‘Radar’ (Lieblingsmetapher Miskottes zur Selbstcharakterisierung), war er berufen zum bei aller theologischen Unnachgiebigkeit einfühlend-verstehenden Gespräch mit Denkern und Dichtern, mit geistigen Mächten der Geschichte und der Gegenwart. Er fand Eigenes wieder gerade in dem, was er als Widerstand gegen das Evangelium erkannte, im ‘Heidentum’ (ein Begriff, den anzuwenden er sich nicht scheute, weil er für ihn nichts Abschätziges hatte) aller Schattierungen wie im Judentum, das ihn besonders fesselte, ohne daß er glaubte, dem ‘Heidentum’ und dem ‘Judentum’ im eigenen Herzen nachgeben zu dürfen. So ist das verstehende Gespräch nach den verschiedensten Seiten tragendes Moment in allen seinen Büchern und Aufsätzen, Predigten und Schriftbetrachtungen.”
(Hinrich Stoevesandt im ‘Vorwort’ des Briefwechsel Karl Barth-K. Heiko Miskotte 1924-1968. Zürich: TVZ 1991, 9f.)
Werke
Kornelis Heiko Miskotte (1894-1976): Pfarrer und Professor, Gründer des jüdisch-christlichen Dialogs, Widerstandstheologe, Botschafter des Alten Testaments, Liebhaber der Kunst und Dichtung.
Wichtigste, ins Deutsche übersetzte Werke:
Wenn die Götter schweigen (1963)
Der Weg des Gebets (1964)
Biblisches ABC (1976)
Das Wagnis der Predigt (1998)
Das Geheimnis der Geschichte (über die Offenbarung des Johannes) (2011)
Antwort aus dem Wettersturm (über Hiob) (2012)
Edda und Thora (2015)
Das Wesen der jüdischen Religion (2017)
Für mehr ins Deutsche übersetzte Texte und für Einzelheiten siehe den letzten Absatz der Bibliographie Miskottes kurzfristig auf dieser Website.